Auch bei Haustieren kann die Zeitumstellung den Lebensrhtythmus durcheinander bringen: Foto: DoraZett/stock.adobe.com
Umstellung auf Sommerzeit: Deutsche genervt vom Mini-Jetlag
Die Uhren werden am Sonntag, 26. März 2023 in der Nacht von 2 auf 3 Uhr um eine Stunde vorgestellt. Die Nacht ist also einmalig 60 Minuten kürzer. Und viele leiden danach unter einem Mini-Jetleg.
Die Sommerzeit wird seit Jahren kritisiert: Sie bringe den Biorhythmus durcheinander, erzeuge Müdigkeit und Schlafstörungen und habe kaum positive Effekte. Ursprünglich wurde die Sommerzeit eingeführt, um das Tageslicht besser zu nutzen und Energie zu sparen. Stattdessen erleben viele Menschen besonders bei der Umstellung auf die Sommerzeit einen Mini-Jetlag: Sie kommen morgens schlechter aus dem Bett, kämpfen abends mit Einschlafproblemen und sind bei der Arbeit müde und unkonzentriert.
Krankenquote liegt nach der Umstellung auf die Sommerzeit höher als sonst
Wie schnell sich die Menschen an den neuen Rhythmus gewöhnen, ist individuell unterschiedlich. Rund jeder dritte Erwachsene in Baden-Württemberg hat die ersten Tage Probleme, manche haben gar wochenlang mit Umstellungsschwierigkeiten zu kämpfen. Die Zahlen sind jedoch eindeutig: Die Krankenquote liegt nach der Umstellung auf die Sommerzeit deutlich höher als üblich.
Henry Markus, Diplom-Psychologe bei der AOK Stuttgart-Böblingen dazu: „Der Wechsel von Hell und Dunkel steuert die Ausschüttung von Hormonen, die für Vitalität oder für Müdigkeit und Schlappheit sorgen. Dieser biologische Rhythmus ist sehr empfindlich. Wird es plötzlich deutlich später hell und dunkel, kann sich der Körper nicht darauf einstellen und schüttet Schlafhormone wie Melatonin auch dann aus, wenn man eigentlich aktiv sein müsste. Die Folge: Schlappheit, Müdigkeit oder Schlafstörungen“.
85 % fühlen sich müde und schlapp, 63 % haben Einschlafstörungen
Umfragen haben ergeben, dass die Befragten gesundheitliche Probleme aufgrund der Umstellung haben. 85 Prozent fühlen sich beispielsweise müde und schlapp, 63 Prozent haben Einschlafstörungen und 36 Prozent können sich schlechter konzentrieren. Für 60 Prozent derjenigen, die von Problemen berichten, dauern diese von einem Tag bis zu einer Woche an.
In Baden-Württemberg leben rund 11 Millionen Menschen, nahezu jeder zweite (42 %) von ihnen
kann abends mindestens ab und zu nicht einschlafen.
Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der AOK Baden-Württemberg.
Frauen haben häufiger Schlafprobleme (50 %) als Männer (34 %).
Rund ein Drittel der Befragten schätzt ihre allgemeine Schlafqualität sogar
als eher schlecht (27 %) bzw. sehr schlecht (2 %) ein.
67 % geben an, dass sie mindestens ab und zu nachts mehrmals wach werden.
„So hat beispielsweise bei unserer jüngsten Umfrage ein Viertel der Befragten angegeben, aufgrund des Uhrendrehs schneller gereizt und müde zu sein. Fast jeder Fünfte hat außerdem Probleme, abends einzuschlafen“, erläutert Harald Ruh vom KKH-Serviceteam in Pforzheim. Besonders in Familien mit Kindern unter zwölf Jahren wird der Alltag nach der Zeitumstellung durch die neuen Essens- und Zubettgehzeiten durcheinandergewirbelt. „Unsere Umfragewerte zeigen, dass in jeder dritten Familie schlechte Laune und Gereiztheit in den Tagen nach der Zeitumstellung zum Alltag gehören“, so Ruh.
Schrittweise auf Zeitumstellung vorbereiten
Hilfreich ist es, schrittweise auf die Zeitumstellung hinzuarbeiten. Henry Markus: „Wer zum Beispiel eine flexible Arbeitszeit hat, könnte bereits eine Woche vor der Umstellung eine halbe Stunde eher zur Arbeit kommen und dafür eine halbe Stunde früher Feierabend machen. Dadurch hat der Körper die Gelegenheit, sich schrittweise an den neuen Rhythmus zu gewöhnen – und die Zeitumstellung fällt kaum noch auf“.
Auch viel Bewegung an der frischen Luft hilft bei Schlafproblemen. Wichtig dabei ist, möglichst viel Tageslicht abzubekommen. „Eine vitamin- und ballaststoffreiche Ernährung und mindestens anderthalb Liter Wasser täglich trinken helfen dem Körper, die Zeitumstellung besser zu verkraften. “, empfiehlt der AOK-Experte.
Starke Ablehnung der Zeitumstellung
Über Sinn und Unsinn der Zeitumstellung wird in Deutschland schon länger diskutiert. Seit mindestens 2013 befragt die forsa Deutsche ab 14 Jahren zur Umstellung von Winter- auf Sommerzeit. Die Ablehnung der Deutschen ist über die Jahre hinweg konstant geblieben und hat 2023 im Vergleich zum Vorjahr noch mal zugenommen.
Waren im Vorjahr 72 Prozent der Befragten der Meinung, man könne die Zeitumstellung abschaffen, sind es 2023 rund 76 Prozent. Der Höchstwert der Zustimmung zur Abschaffung wurde 2019 erreicht, damals hielten nur 18 Prozent der Umfrageteilnehmer das Vor- und Zurückstellen der Uhren für sinnvoll.
Während die Zeitumstellung in westlich geprägten Ländern wie den USA, Kanada und großen Teilen Europas gang und gäbe ist, existiert im Großteil der restlichen Welt entweder schon immer nur eine Zeit oder die Zeitumstellung wurde im Laufe der Jahre wieder abgeschafft. Ein aktueller Ausreißer ist Ägypten. Während im Rest von Nordafrika die Zeit nicht mehr umgestellt wird, beschloss das Land am 1. März, die Sommerzeit zum 1. April wieder einzuführen. pm/AOK/KKH/statista.com