„Wir brauchen beispielsweise Arbeitgeber, die Erwachsene mit Down-Syndrom sozialversicherungspflichtig beschäftigen“, sagt Simone Fischer, Landesbeauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen. Foto: Drobot Dean/stock.adobe.com
Welt-Down-Syndrom-Tag: Beratung und Hilfe statt pauschalem Schwangerschaftsabbruch
Zum jährlichen Welt-Down-Syndrom-Tag am 21. März erklärte der baden-württembergische Gesundheitsminister Manne Lucha: „Wir alle tragen dazu bei, eine Gesellschaft zu schaffen, in der in der alle Menschen gleichberechtigt sind.“
„Das Anliegen, mit dem der internationale Tag seit 2006 gefeiert wird, ist wichtig. Menschen mit Down-Syndrom leben in unserer Nachbarschaft, in unseren Städten und Gemeinden, begegnen uns im Alltag. Egal obmit 46 oder 47 Chromosomen: Sie sind Mensch – fröhlich, traurig, glücklich, laut, leise, freundlich, wütend, sie lieben und werden geliebt. Menschen mit Down-Syndrom sind Kinder, Mitschülerinnen und Mitschüler, Kolleginnen und Kollegen, Frau, Mann, Verwandte, Nachbarn. Sie gehen zum Sport, arbeiten, treffen sich mit Freunden“, sagte Lucha, Minister für Soziales, Gesundheit und Integration.
Minister Lucha: „Das Ziel muss die vollständige Inklusion sein“
„Sehen wir die Stärke jedes Einzelnen und anerkennen wir ihr Recht auf Teilhabe. Das muss in unserer Gesellschaft ankommen. Menschen mit Down-Syndrom und ihre Familien müssen an jedem Tag im Jahr Respekt, Wertschätzung und Unterstützung erfahren. Dazu gehört auch, dass sie Zugang zu Bildung, Arbeit und Gesundheitsversorgung haben und ihre Rechte respektiert werden. Das Ziel muss die vollständige Inklusion sein“, fordert Minister Lucha.
Die Beauftragte der Landesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Simone Fischer sagte: „Familien und Kinder mit Behinderungen haben im Alltag immer noch große Herausforderungen zu bewältigen, stoßen immer wieder auf Barrieren. Kinder benötigen spezielle Therapien, Hilfsmittel müssen beantragt oder sogar erstritten werden. Die Suche nach einem geeigneten Platz in der Kita oder der Schule vor Ort ist meist mit großen Hindernissen verbunden. Eltern und Kindern mit Behinderungen wird immer noch viel zugemutet.“
90 % der Frauen und Paare entscheiden sich bei Diagnose Trisomie 21 für Schwangerschaftsabbruch
Durchschnittlich entschieden sich neun von zehn Frauen und Paaren bei einer Diagnose Trisomie 21 für einen Schwangerschaftsabbruch, berichtete Fischer. Und weiter: „Diese Zahl muss aufrütteln. Wir brauchen einen rechtlich abgesicherten und ethisch vertretbaren Umgang mit dem nicht-invasiven Pränataltest, der seit letztem Jahr von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt wird. Und wir müssen noch mehr den Konsequenzen begegnen, die sich aus Behinderungen ergeben. Neben Aufklärung sind der ernstliche Umgang und konkrete Maßnahmen, die das Leben der Menschen im Alltag wirksam verbessern, das A und O. Wir brauchen beispielsweise Arbeitgeber, die Erwachsene mit Down-Syndrom sozialversicherungspflichtig beschäftigen.“
Minister Lucha und die Landesbehindertenbeauftragte wiesen darauf hin, dass es viele Stereotypen gebe, was das Leben von Menschen mit Behinderungen und auch das Down-Syndrom betreffe. Die wirklichen Behinderungen, die das Leben erschweren, seien vielfach bürokratische Hürden sowie eine Gesellschaft, in der es immer noch als Stigma gelte, behindert zu sein. Dies zu ändern sei eine Frage der Einstellung, also der gesellschaftlichen, aber auch eine Frage gesetzlicher Rahmenbedingungen.
Behinderten-Beauftragte Fischer: Eltern auf Thema Behinderung vorbereiten
„Jede und jeder Einzelne hat Einfluss auf das gesellschaftliche Zusammenleben, wie wir einander begegnen, auf unsere Werte und Handlungen. Wenn Ärztinnen und Ärzte sowie Hebammen in ihrer Schlüsselrolle während einer Schwangerschaft bei einer diagnostizierten Behinderung pauschal und ohne differenzierte Auseinandersetzung zum Schwangerschaftsabbruch raten, setzt dies Eltern unter Druck. Es muss unser aller Interesse sein, dass sie bestmöglich darauf vorbereitet sind, wie werdende Eltern in Bezug auf das Thema Behinderung beraten werden können“, so Fischer.
Minister Lucha: „Ich setze mich dafür ein, dass alle Menschen in Baden-Württemberg die gleichen Chancen haben. Alle Bürgerinnen und Bürger sind dazu aufgefordert, für die Rechte und Chancen von Menschen mit Behinderungen einzutreten und dazu beizutragen, eine inklusive Gesellschaft zu schaffen, in der alle Menschen gleichberechtigt sind.“
Zum Welt-Down-Syndrom-Tag ruft die Landesregierung dazu auf, sich für eine inklusive Gesellschaft stark zu machen. Einen Teil dazu beitragen soll der Landesaktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, der aktuell mit einem transparenten Beteiligungsprozess unter Federführung des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Integration fortgeschrieben wird. Derzeit werden die vorgeschlagenen Maßnahmen gebündelt und zusammengeführt, anschließend mit den bereits am Prozess beteiligten Gruppen bewertet und dann dem Ministerrat vorgelegt. „Mit der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention sind wir noch nicht zufrieden. Deshalb erarbeiten wir aktuell mit den Menschen mit Behinderungen, deren Angehörigen und Interessenverbänden unter Beteiligung aller Ministerien gezielte Maßnahmen und Vorhaben, die wirksame Verbesserungen im Alltag behinderter Menschen erreichen sollen“, sagte Sozialminister Lucha.
Weitere Infos
In Deutschland gibt es mehrere offizielle Vereine mit bundesweiter Beratung und Information zum Down-Syndrom. Einige davon sind der Arbeitskreis Down-Syndrom Deutschland e.V., das Deutsche Down-Syndrom InfoCenter sowie das Down-Syndrom-Netzwerk Deutschland e.V. In Baden-Württemberg bieten die Frühförderstellen Unterstützung für Kinder mit Beeinträchtigungen oder Behinderungen, einschließlich Kinder mit Down-Syndrom. Sie beraten, fördern die Entwicklung motorischer Fähigkeiten, Sprache und kognitiver Fähigkeiten und vermitteln an weiteführende Beratungs- und Unterstützungsstellen.