Das Mpox-Virus wird über einen Abstrich aus einer für Pocken typischen Hautläsion nachgewiesen. Der Labornachweis führt zur namentlichen Meldung an das Gesundheitsamt und zur Verhängung einer dreiwöchigen Quarantäne. Foto: angellodeco/stock.adobe.com
LMU-Professor zu Mpox-Virus: „Weltweite Ausbreitung durch sexuelle Kontakte“
Kürzlich hat die Weltgesundheitsorganisation WHO wegen einer sich ausbreitenden Variante des Mpox-Virus („Affenpocken“) eine Warnung herausgegeben und eine „Gesundheitliche Notlage internationaler Reichweite“ (PHEIC) ausgerufen. Was das bedeutet, um welchen Erreger es sich handelt, wie Menschen sich infizieren und welche Behandlungsmethoden es gibt, erklärt Prof. Dr. Johannes Bogner. Er ist Internist und Leiter des Interdisziplinären Zentrums Klinische Infektiologie (KLIK) am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU).
Wie werden diese Viren übertragen und welche Gefahr geht von den Viren für den Menschen aus?
Prof. Dr. Johannes Bogner: Die Übertragung erfolgt durch direkten Schleimhaut- und Hautkontakt. Besonders ansteckend sind die charakteristischen Pocken-Läsionen. Die aktuelle Epidemie betrifft hauptsächlich die sexuelle Übertragung. Eine Übertragung über die Luft oder Aerosol ist NICHT bekannt und nicht zu fürchten. Menschen, die keinen ungeschützten Intimkontakt haben, haben kein Ansteckungsrisiko, wenn sie nicht Läsionen von Erkrankten ohne Handschuhe anfassen. Die Gefahr für den Menschen hält sich in Grenzen. In einer jüngsten Veröffentlichung in Nature Medicine wird berichtet, dass nur 9 % der Betroffenen bettlägerig waren. Jedoch hatten 59 % Fieber und Krankheitsgefühl. Nur in Ausnahmefällen oder bei sehr schlechtem Immunsystem kann die Erkrankung auch tödlich enden.
Was ist an der neuen Mpox-Variante (Klade Ib) anders, wie wirkt sich das auf Ansteckung und Krankheitsverlauf aus? Welche Symptome sind typisch?
Johannes Bogner: Der Unterschied zu Klade 2 wurde molekulargenetisch identifiziert und betrifft eine spezielle Mutation im so genannten APOBEC3-vermittelten Cytosin-Deaminations-Gen. Diese Mutation führt dazu, dass die Übertragung von Mensch zu Mensch leichter ermöglicht wird als bei den bisherigen Wildtyp- Varianten.
Wie erfolgt der Nachweis des Virustyps?
Johannes Bogner: Es wird ein Abstrich aus einer Hautläsion ins virologische Labor gesendet. Der Nachweis erfolgt über PCR. Der Labornachweis führt zur namentlichen Meldung an das Gesundheitsamt und zur Verhängung einer dreiwöchigen Quarantäne.
Derzeit sind es vor allem Länder in Afrika, in denen das Virus vermehrt auftritt. Ein Einzelfall in Schweden wurde bekannt. Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer Epidemie oder Pandemie kommt, wird derzeit dennoch als gering eingeschätzt. Wie sehen Sie das und warum?
Johannes Bogner: Es wird auf alle Fälle zu einer weltweiten Ausbreitung durch sexuelle Kontakte (ähnlich wie bei der MPOX-Welle 2022-2023) kommen, auch wenn jetzt schon wieder einzelne Länder Einreiseverbote machen. Menschen reisen und Menschen haben Intimkontakte. Die Ausbreitung ist also kaum zu verhindern. Wir wissen aber, wie man sich als einzelner schützen kann: Intimkontakte mit Unbekannten vermeiden!
Gibt es Impfstoffe und Medikamente zur Prävention und Behandlung?
Johannes Bogner: Es gibt einen wirksamen Impfschutz. Dieser ist aber nicht normal über die Apotheken erhältlich und ist auch nicht für Menschen ohne Infektionsrisiko sinnvoll. Es ist davon auszugehen, dass die Impfstoffproduktion wieder voll angekurbelt wird. Der Impfstoff ist aktuell nicht verfügbar und wird ähnlich wie in der Ausbreitungswelle 2022 ganz spezifisch nach individuellen Erwägungen angewendet. Es gibt auch ein antivirales Medikament, das bei schwerem systemischen Verlauf erfolgreich eingesetzt werden kann (Tecovirimat).
Welche Zentren in München, Bayern und Deutschland gibt es, die Patienten behandeln können?
Johannes Bogner: Ich würde meinen, dass jedes Zentrum, das als Infektiologisches Zentrum zertifiziert ist, die Behandlung übernehmen kann. Das trifft auch für das Zentrum Infektiologie des LMU Klinikums zu.
Was bedeutet der Beschluss der WHO, eine gesundheitliche Notlage internationaler Reichweite auszurufen für das Gesundheitssystem in Deutschland, aber auch für unser Uniklinikum konkret?
Johannes Bogner: Im Grunde bedeutet das zunächst nur, dass wir (wie bisher auch schon) jede Patientin und jeden Patienten nach seiner Reiseanamnese fragen, und dass wir auch bei den geringsten verdächtigen Haut-Symptomen einen Test veranlassen werden, wenn die Person in die Demokratische Republik Kongo (DRC) gereist ist oder Kontakt hatte zu einer Person, die sich dort befunden hat. Ich möchte noch darauf hinweisen, dass MPOX keine hoch kontagiöse oder gefährliche Krankheit ist. Es ist auf keinen Fall mit Ebola oder hämorrhagischen Fieber-Krankheiten vergleichbar.
Welche Einrichtungen sind bei der Erforschung solcher Viren an der LMU zu nennen: Max-von-Pettenkofer-Institut, LMU Klinikum mit KLIK (Zentrum für Klinische Infektiologie) und Institut für Tropenmedizin, Genzentrum?
Johannes Bogner: MPOX ist für alle hier genannten Institute und Zentren von wissenschaftlichem Interesse. Der Beginn einer neuen Studie ist jedoch eher in konzertierter Aktion mit weiteren nationalen und internationalen Partnerinstituten zu erwarten. Die Zusammenarbeit der LMU-Institute im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) und im Netzwerk Universitätsmedizin (NUM) führt dazu, dass auf kurzem Weg sinnvolle Projekte gemeinsam aufgelegt werden können. Aufgrund der MPOX-Ausbreitungswelle 2022-2023 besteht in der Infektionsambulanz und im Tropeninstitut erhebliche Erfahrung und Expertise, mit der Erkrankung und auch mit der hierfür nötigen Impfung. pm