Die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) erstattet in Deutschland im internationalen Vergleich besonders hohe Preise für Arzneimittel. Johannes Bauernfeind, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg, zweifelt, „ob die Gleichung ,Mehr Geld = Stärkung Pharmastandort Deutschland‘ überhaupt aufgeht und die Pharmaindustrie ihre Standortpolitik tatsächlich entsprechend ausrichtet“. Foto: peopleimages.com/stock.adobe.com

AOK-Chef Bauernfeind: Medizinforschungsgesetz nachgebessert, aber GKV-Mitglieder weiter belastet

Der Bundestag hat jüngst das Medizinforschungsgesetz beschlossen und wesentliche Ergänzungen an den geplanten vertraulichen Erstattungsbeträgen vorgenommen. Johannes Bauernfeind, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg, begrüßt die Nachbesserungen, sieht weiterhin aber eine finanzielle Belastung der Beitragszahlenden in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).

Klinische Forschung stärken, aber nicht auf GKV-Kosten

„Es ist richtig und wichtig, dass der Gesetzgeber mit dem Medizinforschungsgesetz die klinische Forschung in Deutschland stärkt und beschleunigt. Ebenso ist das Ziel der Bundesregierung, den Pharmastandort Deutschland zu stärken und attraktiv zu halten, grundsätzlich zu begrüßen. Dafür die GKV-Beitragszahlenden zu belasten, ist allerdings der falsche Weg“, so Bauernfeind.

Immerhin, so der Vorstandsvorsitzende der AOK Baden-Württemberg: „Erfreulicherweise haben die Ampel-Parlamentarier auf die breite Kritik an der Vertraulichkeit des Erstattungsbetrages für neue Arzneimittel reagiert und die von der Bundesregierung vorgeschlagene Regelung so abgeändert, dass die unverbindlichen Versprechen der Pharmaindustrie bei der Ausgestaltung der vertraulichen Erstattungspreise nun per Gesetz zumindest teilweise eingelöst werden könnten. Besser wäre es gewesen, sie hätten die bürokratische und für die GKV immer noch teure Regelung in Gänze gestrichen.“

Gesetz brachte nur minimalen Einspareffekt für die GKV

Mit dem 2011 in Kraft getretenen Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung (AMNOG) sollten hierzulande die bis dahin extrem gestiegenen Arzneimittelausgaben der GKV ausgebremst werden. Die Idee: Der Preis neuer Medikamente sollte sich an ihrem Zusatznutzen im Vergleich zu bereits auf dem Markt befindlichen Therapien orientieren. Auch spätere Änderungen am Gesetz brachten jedoch nicht den erhofften Einspareffekt für die Krankenversicherungen, beziehungsweise deren Mitglieder.   

Und in diesem Punkt sieht Bauernfeind keine Vorteile für die GKV und die Patienten beim neuen Medizinforschungsgesetz. „Die Streichung der AMNOG-Leitplanken soll den Pharmamarkt in Deutschland für die Industrie attraktiver machen und positiv auf Standortentscheidungen wirken. Auch dies mit Mitteln der GKV, die im internationalen Vergleich auch schon jetzt mit die höchsten Preise für Arzneimittel erstattet und zugleich einen ungehinderten Marktzugang bietet. Es ist allerdings zu bezweifeln, ob die Gleichung ,Mehr Geld = Stärkung Pharmastandort Deutschland‘ überhaupt aufgeht und die Pharmaindustrie ihre Standortpolitik tatsächlich entsprechend ausrichtet.“    pm