
Angehörige und Freunde von Suchtkranken wollen, dass es dem Süchtigen besser geht, doch aus gut gemeinter Hilfe kann schnell ein Teufelskreis werden, wenn sie die Sucht am Ende sogar fördert. Hilflosigkeit und Überforderung und eine Co-Abhängigkeit sind dann die Folgen. Foto: LIGHTFIELD STUDIOS/stock.adobe.com
Co-Abhängigkeit: So sehr leiden Angehörige von Suchterkranken mit
Eine Sucht betrifft häufig nicht nur die Erkrankten selber, sondern auch ihr engstes Umfeld. Im schlimmsten Fall können Familienangehörige oder enge Freunde sogar co-abhängig werden. Wie und wo Betroffene bei einer Co-Abhängigkeit Hilfe finden, erklärt dieser Ratgeber.
Co-Abhängigkeit ist keine eigenständige Krankheit, eine feste Definition gibt es nicht. Meist wird Co-Abhängigkeit als Beziehungsstörung oder -abhängigkeit definiert. Es kann fast jeden treffen, Kinder, Geschwister, Partnerinnen und Partner oder Eltern, aber auch andere Menschen außerhalb der Familie, wie Freunde oder Kollegen.
Schleichender Weg in die Co-Abhängigkeit
Der Weg in die Co-Abhängigkeit ist ein schleichender. Betroffene wollen, dass es dem suchterkrankten Menschen besser geht, doch aus gut gemeinter Hilfe kann schnell ein Teufelskreis werden, wenn sie die Sucht am Ende sogar fördert. Hilflosigkeit und Überforderung sind dann die Folgen.
Gleichzeitig fällt es Betroffenen schwer, sich von einem suchterkrankten Menschen abzugrenzen. Sie übernehmen Verantwortung, entschuldigen das Suchtverhalten oder verschleiern es. Dadurch ermöglichen sie ungewollt dessen Fortbestehen und können selbst stark belastet werden, aus Hilfe kann eine eigene Belastung werden.
„Mitbetroffene Angehörige leiden oft physisch, psychisch und sozial unter den Krankheitsfolgen“, sagt Andrea Jakob-Pannier, Psychologin bei der BARMER. „Vor allem bei Kindern und Jugendlichen aus suchtbelasteten Familien besteht die Gefahr, ein eigenes Suchtverhalten sowie andere psychische oder körperliche Störungen zu entwickeln“, so die Expertin.
Wege aus der Co Abhängigkeit
Der Austausch mit anderen Betroffenen, beispielsweise in Selbsthilfegruppen wie dem Bundesverband der Elternkreise suchtgefährdeter und suchtkranker Söhne und Töchter e.V., kann emotionale Entlastung, Verständnis und praktische Hilfe bieten. „Sich frühzeitig Hilfe bei Suchtproblemen zu suchen, ist sehr wichtig und wird von vielen Anlaufstellen kostenlos unterstützt“, so Jakob-Pannier.
Sucht- und Drogenberatungsstellen offerieren spezialisierte, niedrigschwellige Unterstützung für Angehörige, ob vor Ort, telefonisch oder online. Auch die eigene Hausarztpraxis kann eine erste Anlaufstelle sein. „Denn wenn sich ein co-abhängiger Teufelskreis über einen längeren Zeitraum entwickelt hat, kommen Betroffene häufig ohne professionelle Hilfe nicht mehr heraus.“
Zudem können sich Frauen, die als Co-Abhängige Gewalt erfahren haben, an das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ (116016) wenden oder zur Frauenberatung und der Polizei gehen. Kinder und Jugendliche können sich beispielsweise an die „Nummer gegen Kummer“ (116111) an KidKit, NACOA oder auch ans Jugendamt wenden.
Eigene Abgrenzung fördern
„Das große Problem der mitbetroffenen Angehörigen ist, dass sie sich ganz für den suchterkrankten Menschen aufopfern. Sie empfinden ihre ständige Erschöpfung und Unzufriedenheit als normal und vernachlässigen ihr Leben“, erklärt die BARMER-Expertin.
Die zentrale Erkenntnis lautet: „Ich kann nicht alles kontrollieren, ich darf mich schützen und mich abgrenzen und ,Nein‘ sagen können.“ Das ist ein wichtiger Schritt zur Selbstfürsorge, zum Bewusstwerden eigener Grenzen und zur aktiven Gestaltung des eigenen Lebens. pm